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Knackwurst (3) – Mit Jörg Butt zum Championsleague-Sieg?

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© az1172

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Deutschland ist das Land der Torhüter. In keiner anderen europäischen Topliga gibt es eine vergleichbare Breite an qualitativ hervorragenden Torleuten wie in der Bundesliga, und seit Jahrzehnten gilt der Torhüter der Nationalmannschaft weltweit als einer der Besten seines Faches. Der sportliche Höhenflug von Vereinen wie Schalke 04 und Bayer Leverkusen wird gerne mit ihren vergleichsweise jungen Spitzenleuten zwischen den Pfosten in Verbindung gebracht.

Da erstaunt es auf den ersten Blick, dass ausgerechnet der deutsche Rekordmeister und Ligakrösus FC Bayern München mit (Hans) Jörg Butt einen Torwart beschäftigt, der seine beste Zeit längst hinter sich zu haben scheint. Doch schon im Februar 2010 wurde sein Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert, und zurzeit gilt es als wahrscheinlich, dass auch in der nächsten Saison Jörg Butt in der Liga, im DFB-Pokal und in der Championsleague zwischen den Pfosten stehen wird. Für die Stadionwürste Grund genug, den 35-jährigen Oldenburger näher unter die Lupe zu nehmen und sich zu fragen, ob er genug Qualität besitzt, um auf höchstem Niveau Spitzenleistungen zu bringen.


© pdesign

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Championsleague Viertelfinale, Bayern München spielt zu Hause gegen Manchester United und liegt seit der zweiten Spielminute mit 0:1 im Rückstand. Wir zählen Minute 39, Demichelis unterläuft eine Flanke von Fletcher, und der Ball fällt dem am bayerischen Fünfmeterraum lauernden Wayne Rooney vor die Füße. Die Zeit steht für einen Moment still und eröffnet uns die Möglichkeit, die gleich einsetzende Zukunft zu skizzieren: Der englische Topstürmer verwandelt eiskalt zum 0:2, Bayern verliert das Hinspiel deutlich, die Mannschaft fährt am darauf folgenden Samstag mutlos nach Gelsenkirchen, verliert abermals, diesmal gegen Schalke, die Meisterschaft ist dahin, das Aus in der Championsleague folgt, und nach einem Debakel gegen Werder Bremen im DFB-Pokalfinale wird Louis van Gaal mit Schimpf und Schande aus der Säbener Straße gejagt.

Ein lautes Ticken lässt uns aufschrecken und mit einem Ruck bewegt sich der Sekundezeiger wieder – Rooney schießt, aber Torhüter Jörg Butt springt ihm mutig entgegen und wehrt den Ball ab. Das (vorläufige) Ende ist bekannt: Die Münchner schaffen in der zweiten Halbzeit die Wende und besiegen Manchester United mit 2:1. Drei Tage später gewinnt der Rekordmeister in Gelsenkirchen ebenfalls mit 2:1 und setzt sich wieder an die Spitze der Bundesligatabelle.

Ohne den weiteren Fortgang der Geschichte zu kennen, steht jetzt bereits fest, dass Butts Glanztat für die Partie gegen Manchester mitentscheidend war. Mehr noch, möglicherweise wird seine Parade zum Schlüsselmoment einer unerwartet erfolgreichen Saison für den Verein, an deren Ende die Trophäensammlung Zuwachs bekommt und eine Siegesfeier die nächste jagt. Dann wird sich im Trubel der Bierduschen und Jubelchöre kaum noch jemand daran erinnern, dass noch vor wenigen Monaten die Torhüterposition beim deutschen Rekordmeister als die Schwachstelle in einer sonst hervorragend besetzten Mannschaft galt.

Michael Rensing, Kronprinz von Oliver Kahn, und fest eingeplante Nummer 1, konnte die vehement verteilten Vorschusslorbeeren der sportlichen Führung nicht rechtfertigen und enttäuschte auf dem Platz. Plötzlich stand also mit Jörg Butt jener Torwart im Fokus und zwischen den Pfosten, dessen Laufbahn schon fast beendet schien und auf der gemütlichen Münchner Ersatzbank leise ausklingen sollte. Die Kritiker schrien auf, und das Echo ihrer Stimmen ist noch heute leise zu vernehmen. Doch haben auch die Skeptiker längst einsehen müssen, dass der Zufall, der Jörg Butt ins Tor spülte, ein durch und durch glücklicher Zufall war.

Denn die Leistungen des Torwarts sind ein essentieller Bestandteil für den sportlichen Höhenflug der Bayern. Butt verfügt über herausragende Qualitäten als mitspielender Torhüter, der seinen Strafraum beherrscht, gefährliche Bälle früh antizipiert und mit dem Fuß präzise Pässe spielen kann. Seine punktgenauen Abwürfe beschleunigen häufig das behäbig wirkende Aufbauspiel der Bayern. Auch auf der Linie zeigt er sich reaktionsstark und sicher, ohne mit spektakulären Paraden zu glänzen.

Und damit ist man zum Kern des Buttschen Torwartsspiels vorgestoßen – Erfahrung, Verlässlichkeit und Solidität. Er besticht durch Sachlichkeit und nüchterne Ruhe, atemberaubende Flugmanöver überlässt er jüngeren Kollegen. Mit dieser Art des Torwartspiels erntet er nicht selten Kritik, weil er scheinbar wenige so genannte „hundertprozentige Torchancen“ vereitelt. Doch seine Fehlerquote tendiert gleichzeitig gegen Null. Im Team der Bayern, das mit Robben und Ribéry, mit van Bommel und Schweinsteiger über genügend selbstbewusste Selbstdarsteller verfügt, füllt er damit die wichtige Position zwischen den Pfosten mit genau jener Portion Sachlichkeit und Understatement, die die Mannschaft braucht.

Anders als Vorgänger Kahn überlässt er die Momente des Wachrüttelns, des emotionalen Aufpeitschens seinen Vorderleuten. Er strahlt eine Verlässlichkeit aus, die der der Mannschaft eine enorme Stabilität verleiht. Nur auf dieser Basis kann sich dann das mitunter spektakuläre Kombinationsspiel des Rekordmeisters entfalten, das die Gegner das Fürchten lehrt.

Daher ist die Entscheidung der sportlichen Führung, den Vertrag mit Butt zu verlängern, nur logisch und konsequent. Mit seinen 35 Jahren kann Jörg Butt noch mindestens zwei weitere Jahre auf höchstem Niveau spielen. Doch vorher gilt es, die sich in der laufenden Saison bietenden Titel einzusammeln. Und vielleicht kann man dann in ein paar Jahren vor den Toren der Allianzarena das Denkmal eines Spielers bewundern, der als designierter Rentner gekommen war und zum entscheidenden Mann für die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte des FC Bayern München werden sollte.

Euer Hennes


© pdesign

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Championsleague Viertelfinale – Rückspiel. Der FC Bayern spielt das Spiel der Saison, die Engländer haben Schwierigkeiten sich aus der eigenen Hälfte zu befreien, aber bei den Bayern fällt einfach kein Tor. 91. Minute – die Ersatzspieler der Bayern stehen schon am Spielfeldrand und freuen sich auf die Spiele gegen Bordeaux (die Lyon mit 7:0 weggeputzt haben). Dann passiert es, ein letzter Konter von Manchester – Giggs wird die Linie entlang geschickt, Flanke in den Strafraum, Berbatov zieht ab, Butt streckt sich, kommt aber nur noch mit den Fingerspitzen an den Ball, TOR! Keine Vorwürfe an Butt, der Schuß war schließlich „unhaltbar“.

Ich mag den Hans-Jörg Butt ja wirklich gerne – und ich mochte ihn auch schon zu seiner Zeit beim HSV und bei Leverkusen. Ein Mann des Understatements – unaufgeregt, verlässlich und sympathisch. Wie mein werter Kollege auch schon bemerkte, wären die Bayern ohne Butt momentan nicht da, wo sie jetzt sind. Die blau-weißen Fingerchen recken und strecken sich unaufhörlich in Richtung der drei Trophäen und falls die Pokale am Ende der Saison ihren Platz in einer Vitrine an der Säbenerstraße finden sollten, hat Hans-Jörg Butt sicherlich entscheidenden Anteil daran gehabt – gut gemacht!

Trotzdem legt der FC Bayern München mit seiner Personalpolitik zum Teil transalpines Verhalten an den Tag – muss man denn auf den Spuren eines AC Mailand oder AS Rom wandeln? Alte Herren werden verpflichtet oder weiter gehalten, obwohl diese den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit längst überschritten haben. Eigentlich muss man ja seinen Blick nicht mal in die südlichen Gefilde wenden, sondern nur in unserem kleinen Blog ein paar Wochen zurück blättern – Stichwort van Nistelrooy.

Aber zurück zum deutschen Vorzeigeverein; wie oben schon angedeutet ist Butt ein seriöser und zuverlässiger Torhüter – aber genügt das dem Anspruch der Bayern? Muss der FC Bayern nicht, neben sehr guten Feldspielern, auch einen überdurschnittlichen Keeper haben? Hans Jörg-Butt hält gut, gewinnt aber keine Spiele für den Verein. Ein Club, der international Erfolg haben will, muss auf allen Positionen außergewöhnlich gut besetzt sein. Der FC Bayern braucht einen Torhüter der auch in regelmäßigen Abständen „hundertprozentige Torchancen“ vereitelt, und das ist nun mal leider nix für den guten Jörg!

Euer Jünter


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